Hääh, bitte? Die "Schönheit" der Dialekte
Lese-Tipp

Wir sprachen Dialekt zuhause. Meine Großeltern richtiges, altmodisches mannheimerisch (monnemerisch), meine Mutter eine deutlich entschärfte Version. Und ich sprach leichten Dialekt.
Dialekt in der Schule
In der staatlichen Grundschule war das unproblematisch. Aber meine fortbildende Schule war ein privates Gymnasium und es war ein wenig elitär. Als ich dort anfing, waren von den rund 30 Schülern ungefähr 1/3 Dialektler. Das war gar nicht gerne gesehen und wir wurden
Das "Bloomaul"-Original: De Blummepeter
entsprechend gedrillt. Nach drei Monaten sprach ich ein sehr klares Hochdeutsch. Mein Klassenkamerad Stübbs war der einzige in unserer Klasse, bei dem in Sachen Hochdeutsch Hopfen und Malz verloren schienen. Er sprach weiter breitesten Dialekt und ich hatte ihn in Verdacht, dass es ein Art Protest war. Wenn ich recht habe, war sein Durchhaltevermögen bewundernswert, denn er wurde von den Lehrern geradezu gemobbt. Das war schon eine Art Dialekt-Rassismus.
Crashkurs Hochdeutsch

Ich hatte es etwas leichter, denn einer meiner besten Schulfreunde war Norddeutscher und da meine Schule in der Innenstadt war und wir weit draußen vor der Start wohnten, war ich zwischen der letzten Vormittagsstunde und dem Nachmittagsunterricht, oft bei ihm daheim. Dort wurde nur Norddeutsch gesprochen und seine Eltern untereinander plattdeutsch. Nach einem Jahr verstand ich davon so ungefähr die Hälfte. Hochdeutsch mit einer leicht norddeutschen Prägung war dann meine Alltagssprache. Der Autor im Alter von 15 Jahren
Dialekt im Alltag und im Beruf
Inzwischen wurde ich regelmäßig gefragt, ob ich aus Norddeutschland komme, wenn ich jemanden zum ersten Mal traf.
Später dann im Beruf war es sehr hilfreich dialektfrei zu sprechen. In den 80ern wäre es undenkbar gewesen mit einem mannheimer Dialekt beruflich vorwärts zu kommen. Es dauerte bis 87 bis ich einen Mann auf Geschäftsführungsebene traf, der seine kurpfälzische Heimat mit dem ersten gesprochen Wort offenbarte. Das war wirklich extrem selten. Er war der Stellvertreter des damaligen Geschäftsführers der BMW Motorsport GmbH, Peter Flohr und genierte sich offensichtlich nicht für seinen Dialekt. Das beeindruckte mich, denn er stellte mich damals Leuten wie Nicky Lauda, Eberhard von Kuenheim und Bernd Ostmann vor.
Dialekt als Hobby

Seit dieser Begegnung beschäftigte ich mich mit Dialekten, vorwiegend den süddeutschen.
Und mit der Zeit entwickelte ich meine eigene Art zu sprechen. Hardcore Dialekt war keine Option. Das hätten viele Gesprächspartner einfach nicht verstanden. Also adaptierte ich erst wieder den typisch süddeutschen Singsang in einer abgemilderten Version. Und nach und nach flocht ich auch für Menschen oberhalb der Maingrenze verständliche Ausdrücke wieder ein.
Der Autor 2022
Damit war ich weiterhin verständlich und Menschen jenseits des Maines hörten dennoch den süddeutschen Slang heraus. Örtlich genau konnten die meisten den Dialekt nicht zuordnen, meist wurde auf Hessen oder Baden, seltener auf Schwaben getippt.
Weiterführender Artikel
Inspiriert wurde ich zu diesem Blogpost von einem Interview in der FAZ
Hier ist der Link. Es lohnt sich:
Hier geht's zum Artikel